Mit privilegierten Menschen über den Mund-Nase-Schutz diskutieren – eine Tirade (Sorry für die S- und F-Wörter.)

In den letzten Tagen habe ich soviel über die Notwendigkeit von Mund-Nase-Schutz diskutiert, wie noch nie in meinem Leben.

Gut: Es ist in meinem Leben auch meine erste Pandemie…aber trotzdem!

 

Und es gibt unterschiedliche Versionen der Diskussion: Teilweise findet die Diskussion sehr sachlich und auf wissenschaftlicher Grundlage statt, sie ist ein Ringen um eine Verhältnismäßigkeit und eine gute Balance zwischen kollektiver Leistung der Eindämmung eines Virus (gegen den niemand immun ist!) und der Einschränkung individueller Freiheiten…

Fragen in dieser Art von Diskussion sind: Können Menschen den präventiven und verantwortungsvollen Umgang mit den Masken einüben und kontrollieren? Oder patscht sich jede*r im Gesicht rum, schiebt die Maske nochmal mit ungewaschenen Fingern über die Nasenwurzel? Oder schiebt sie sich nach Verlassen eines Supermarkts einfach übers Gesicht und lässt sie von den Ohren oder am Hals baumeln? Und entsteht durch die Masken ein falsches Gefühl von Sicherheit und Infektionsschutz für einen selbst, das dann dazu führt, dass der eigentlich viel wichtigere Abstand zu anderen Personen nicht mehr eingehalten wird? Beeinträchtigt die Maske unsere Wahrnehmung von anderen Menschen? Können wir weniger Rückschluss auf den emotionalen Zustand unseres Gegenübers ziehen? Wird Beziehungsarbeit schwerer? Wird zwischenmenschliche Nähe verhindert?...

 

Alle diese Fragen machen Sinn. Alle diese Fragen sind berechtigt.

 

Diese Fragen berechtigen jedoch NICHT dazu, sie für Pseudo-Diskussionen zu missbrauchen, in denen es nämlich nicht um eine Aushandlung von „Masken – sinnvoll oder nicht?“ geht, sondern um einen hinter der Pseudo-Diskussion versteckten passiv-aggressiven Ausdruck von Trotz. À la „Ich will kein so ein blödes Ding im Gesicht haben, menno! Ich halte jetzt so lange die Luft an, bis ich wieder meine vollständigen Privilegien zurück kriege und nicht mehr so eine doofe Maske im Gesicht tragen muss, die mich daran erinnert, dass ich mich um anderer Leute Probleme kümmern muss und nicht ausblenden kann, was grade um mich herum passiert und überhaupt: Meine GANZEN Rechte sind eingeschränkt! Ich kann mich gar nicht mehr frei bewegen!!!1!“

 

Erkennbar ist eine solche Pseudo-Diskussion sehr häufig daran, dass sie von privilegierten Personen – vornehmlich übrigens von Männern in Leitungspositionen – geführt wird: „Wir können doch nicht auf ewig so tun, als wären alle Menschen potentielle Viren-Herde!“ wird dann gejammert… „Wir müssen auch irgendwann mal wieder zu einer Normalität zurück finden!“… „Also es ist schon eine sehr große Einschränkung dafür, dass gar nicht bewiesen ist, dass die Maske wirklich hilft!“… „Ich kann gar nicht richtig atmen!“… „Ich lasse mir nichts vorschreiben! Die Maske ist ja nur eine EMPFEHLUNG!“...

 

JA KANN SEIN! ABER DU BIST EIN FUCKING VORBILD IN DEINER POSITION! UND ANDERE SCHAUEN DRAUF, WAS DU MACHST UND ORIENTIEREN SICH AN DIR! UND KANNST DU MAL AUFHÖREN NUR AN DICH ZU DENKEN UND DIE SCHEIß-MASKE EINFACH AUS SOLIDARITÄT MIT DEINEN MITMENSCHEN TRAGEN? WEIL AN EINER MASKE IST NOCH NIEMAND GESTORBEN! ABER AN DEM SCHEIß-VIRUS SCHON!

 

UND KÖNNTEST DU DICH MAL ÜBER DIE WIRKLICH WICHTIGEN DINGE GENAUSO AUFREGEN UND IN DEN WIDERSTAND GEHEN, WIE DU ES SCHEINBAR BEI DEM BLÖDEN MUND-NASE-SCHUTZ KANNST?

DU KÖNNTEST DEINE ENERGIE MAL WEG VON EINEM FETZEN STOFF VOR DEINEM GESICHT HIN ZU DEN GROßEN GESELLSCHAFTLICHEN FRAGEN LENKEN: WO IST DEINE EMPÖRUNG BEI DEN ÜBERFÜLLTEN FLÜCHTLINGSLAGERN? DEN LOHNUNTERSCHIEDEN ZWISCHEN DEN GESCHLECHTERN? DER SORGEVERANTWORTUNG, DIE IN PANDEMIE-ZEITEN GRÖßTENTEILS BEI FRAUEN* LIEGT? BEI RÜSTUNGSEXPORTEN? BEI GESCHLOSSENEN KITAS, BESUCHS-VERBOT IN ALTEN- UND PFLEGEHEIMEN ABER FUCKING OFFENEN SCHUHGESCHÄFTEN??????

 

UND INFORMIER DICH GEFÄLLIGST DARÜBER, WAS ES HEIßT, IN DIESER GESELLSCHAFT PRIVILEGIEN ZU HABEN! UND R-E-F-L-E-K-T-I-E-R DEIN BESCHISSENES VERHALTEN!

 

ACH, DAS IST DIR ZU KOMPLEX? ZU ANSTRENGEND? ZU WEIT WEG? WEITER WEG ALS DIE MASKE VOR DER NASE? TJA…HAB ICH MIR SCHON GEDACHT.

 

PS: Manchmal wird die Diskussion übrigens auch gar nicht geführt: Dann wird da einfach keine Maske getragen, wo andere eine anziehen sollen. – Auch das geht ohne dass  negative Konsequenzen entstehen – unangenehm, ich weiß! –  nur in privilegierter Position!